Imalia

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Imalia alech-a Rumuor Ith

Schülerin des ehrwürdigen Meisters Radal Fendor der Akademie des Lichts in Karpulsar


Dass ich anders bin, ist mir seit meiner frühsten Kindertage bewusst, aber erst mein verehrter Lehrer und Mentor, Radal Fendor, hat mich gelehrt, nicht unter meinem Schicksal zu leiden, sondern es als Auszeichnung anzuerkennen.

Kindheit

Ich wurde geboren in einer Hütte im Wald, ganz in der Nähe des Dorfes Bruchheim, das an der großen Handelsstraße liegt. Mein Vater verdiente unser Brot auf vielerlei Arten: Er war ein tüchtiger Jäger und Fallensteller, half aus, wann immer im Dorf etwas zu erledigen war, nahm Reisende in unserem Heim auf und half gelegentlich als Führer kleinerer Reisegruppen. Was ich jedoch am meisten an ihm schätzte, war seine unübertroffene Fähigkeit Geschichten zu erzählen. Es gab eine besondere Geschichte, die er mir immer und immer wieder erzählen musste, bis ich sie aufs Wort auswendig konnte. Diese Geschichte möchte ich an Euch weitergeben.

Es war einmal ein junger Mann, der ging auf die Jagd in den Wald, den er als sein Zuhause betrachtete. Er schlich durch die Büsche und Sträucher, horchte in die Bäume, roch in den Wind, versteckte sich im hohen Gras. Da hörte er plötzlich hinter sich ein Rascheln, fuhr herum – und wurde fast geblendet vom Glanz langen, seidenglatten, goldweißen Haares, das in der Sonne schimmerte. Erst jetzt bemerkte er, dass keine Hand breit vor seinem Gesicht ein kristallenes Schwert in der Luft stand, geführt vom dünnen Arm einer Frau. Er sah in ihre eisblauen Augen und sie blickte ihn an. Nach einer kleinen Ewigkeit ließ sie das Schwert sinken, er stand auf und sie folgte ihm – ohne dass ein einziges Wort gefallen wäre.
Er führte sie in eine Hütte am Waldrand in der Nähe des Dorfes. Sein Vater und seine Mutter nahmen die Fremde freundlich auf und luden sie ein, bei ihnen zu rasten. Die seltsame Frau blieb bei ihnen und streifte von nun an mit dem jungen Mann durch die Wälder. Nach und nach lernten die beiden sich kennen. Der junge Mann erfuhr, dass Imalia eine Windelfe war, die sich von ihrem Volk losgesagt hatte. Den wirklichen Grund für ihr Exil hat er niemals herausgefunden, konnte jedoch aus verschiedenen Andeutungen ihrerseits erraten, dass ein Generationenstreit zwischen zwei Familien der Auslöser gewesen sein muss.
Imalia blieb bei dem Mann und seinen Eltern, und einige Monate später gebar sie eine kleine Tochter. Doch die Geburt hatte Imalia rastlos gemacht. Sie wurde verschlossen und mürrisch, blieb lange Zeit in den Wäldern, wurde ihrem Mann fremd und er wurde ihr fremd – und sie kehrte schließlich von einem ihrer Streifzüge nicht mehr zurück.

Ich wuchs also bei meinem Vater und meiner Großmutter auf, denn mein Großvater starb, als ich wenige Monate alt war. Meine Großmutter war eine gütige Frau, die viel von der Kunst des Heilens verstand und deswegen bei den Leuten im Dorf hoch angesehen war. Nach und nach lernte ich bei ihr, welche Kräuter bei welchen Krankheiten oder Verletzungen halfen, wie man sie finden und zubereiten konnte und in welchen Dosen sie zu verabreichen waren. Sie lehrte mich auch, ihr im Haushalt zur Hand zu gehen, so dass ich schon bald kochen, waschen, putzen, Wasser holen, nähen und stopfen konnte. Manchmal nahm mein Vater mich mit in den Wald, wo er mir Geschichten von den Bäumen und den Tieren erzählte und mir zeigte, wie man mit Pfeil und Bogen umzugehen hatte.
Ich unternahm auch immer häufiger alleine Streifzüge in den Wald, denn mein Vater hatte nicht immer Zeit für mich – und einen Freund oder eine Freundin besaß ich nicht. Wann immer ich im Dorf andere Kinder traf, kamen sie auf mich zugelaufen, zeigten mit dem Finger auf mich und lachten. Sie behaupteten, ich sei nicht wie sie, äfften meinen Gang nach, der ihrer Meinung nach meine Überheblichkeit ausdrückte, zogen mich an den glatten Haaren und machten sich lustig über meine seltsamen Ohren. Als ich einmal weinend nach Hause kam und meine Großmutter fragte, warum die anderen Kinder so gemein zu mir waren, sagte sie nur: „Mein Kind, in deinen Adern fließt das Blut einer Elfe. Du bist anders als sie und das macht ihnen Angst. Sie nicht böse auf sie, es ist nicht ihre Schuld. Wir alle haben Angst vor dem, was wir nicht kennen.“ Und so lernte ich, die Gesellschaft der andern Kinder zu meiden. Die Bäume und Tiere des Waldes wurden stattdessen meine Freunde.

Ausbildung

Eines Abends kurz nach meinem 14. Geburtstag, als ich einmal wieder von einem Spaziergang im Wald heimkehrte, fand ich meinen Vater und meine Großmutter am Tisch in der Küche sitzend, und bei ihnen zwei Männer, die ich nicht kannte. Der eine von ihnen war schon sehr alt, hatte aber wache, lustige Augen, die mich überrascht anblickten, als ich eintrat. Der zweite war jünger und weniger vornehm gekleidet. Beide grüßten mich freundlich, kümmerten sich jedoch den Abend über nicht weiter um mich. Während des Essens war der Ältere sehr schweigsam und blickte nachdenklich in seinen Teller Suppe. Aus den Worten des Jüngeren konnte ich schließen, dass die beiden eine lange Reise und einige Abenteuer hinter sich hatten, nun auf dem Heimweg nach Karpulsa waren und die Nacht bei uns verbringen würden. Ich wurde an jenem Abend außergewöhnlich früh zu Bett geschickt und hörte die Erwachsenen noch lange in der Küche reden.

Am nächsten Morgen rief mein Vater mich zu sich und bat mich, ihm gut zuzuhören. Er erklärte mir, dass die beiden Fremden aus Karpulsa Magier von der Akademie des Lichtes waren. Meister Gaslon habe bei mir eine starke magische Begabung entdeckt und um Erlaubnis gebeten, mich an die Akademie mitzunehmen und mich ausbilden zu lassen. Ich wusste zunächst gar nicht, wie mir geschah, denn irgendeine besondere Begabung hatte ich bei mir noch nie bemerkt. Aber mein Vater ließ mir nicht viel Zeit zum Nachdenken. Er gab mir einen sehr hellen, schön geschnitzten Bogen und einen mit Stickereien verzierten Köcher mit einigen Pfeilen, legte mir eine silberne Kette um den Hals, an der ein silbernes Amulett mit einem matt glänzenden, blassblauen Kristallsplitter hing, murmelte die Worte: „Deine Mutter hat gewollt, dass du dies erhältst.“ und schob mich zur Tür hinaus, wo die beiden Fremden bereits auf mich warteten. Meine Großmutter legte mir, als ich an ihr vorbeigeschoben wurde, die Hand auf die Schulter und sprach: „Mein Kind, nun hat dein Schicksal dich gefunden.“

Die beiden nahmen mich mit nach Karpulsa, der großen Stadt, in der ich bis dahin erst ein einziges Mal gewesen war. Sie gingen geradewegs zu einem großen Gebäude aus hellem Sandstein, über dessen Eingangstor in großen Lettern etwas geschrieben stand, das zu lesen ich aber leider nicht in der Lage war. Meister Gaslon führte mich durch die langen Korridore zu einer hölzernen Tür, klopfte an – und war in der selben Sekunde wie vom Erdboden verschluckt. Doch ich hatte keine Zeit mich zu wundern, denn von drinnen erklang sogleich eine tiefe Stimme: „Tritt ein, mein Kind!“ Das Herz pochte mir bis zum Hals, als ich den Raum betrat. Ich erinnere mich noch heute sehr gut an den wunderlichen Eindruck, den das überraschend kleine Zimmer auf mich machte. Alle fünf Wände waren bis zur Decke mit Regalen versehen, von denen dicke, alte Bücher und allerlei Arten von Schriftrollen ständig herunterzufallen drohten. Vor einem der Regale stand ein schwerer Holztisch, auf dem seltsame Geräte, Fläschchen, Pflanzen und Werkzeuge zusammen ein heilloses Durcheinander bildeten. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes befand sich ein zweiter Tisch – wohl so etwas wie ein Schreibtisch – und hinter diesem stand er: Der Mann, der mein Leben für die kommenden zwei Jahrzehnte ganz bestimmen sollte und der mir auch über meine Studienjahre hinaus immer mein wichtigster Wegweiser geblieben ist.
Er blickte mich an, nickte kurz und sprach dann: „Imalia, ich bin Radal Fendor, der Leiter dieser Akademie. Gaslon hat mir bereits alles über dich berichtet und ich bin bereit, dich zu einer Dienerin des Ignatus, zu einer Magierin des Lebens auszubilden.“ Ich stand nur da und brachte keinen Ton über die Lippen. Gestern um diese Zeit war ich noch im Wald bei meinem Heimatdorf umhergestreift, und nun DAS! Zudem hatte mich ja schließlich auch kein Mensch nach MEINER Meinung zu dieser Sache gefragt – und dieser Zauberer hinter seinem Schreibtisch schien eine solche Absicht ebenfalls nicht zu haben… „Du wirst morgen mit deinem Unterricht beginnen.“ Er drückte mir ein Papier in die Hand. „Hier steht alles, was du wissen musst. Und nun wende dich an Martha. Sie wird dir ein Zimmer geben. Du bist sicher erschöpft.“ Mit diesen Worten wandte er sich den Schriftrollen auf seinem Schreibtisch zu und schien im selben Moment meine Anwesenheit vergessen zu haben. Mein Blick fiel auf das Papier in meiner Hand und mir fiel plötzlich ein, dass ich ja gar nicht lesen konnte. Ich wagte jedoch nicht, Radal Fendor zu stören und so ging ich still hinaus.
Draußen erwartete mich eine dicke, ziemlich hässliche Frau, die mich freundlich angrinste: „Na, Kleines, dann komm mal mit.“ Sie führte mich abermals durch lange Korridore und blieb plötzlich vor einer Tür stehen. „So, das hier ist deins. Mach’s dir bequem.“ Dann drehte sie sich um und verschwand in dem Flur. Ich war allein.

Allein sollte ich auch während der nächsten Jahre bleiben. Ich war, wie ich schon sehr bald feststellen musste, in der gesamten Akademie die einzige meiner Rasse. Alle anderen Schüler wie auch die Lehrer waren menschlich, lediglich ein Halbling war darunter – ich habe nie herausgefunden, warum er seine Ausbildung nicht in einer Einrichtung seiner eigenen Rasse angetreten hat – aber er war ein Einzelgänger und legte keinen Wert auf Gesellschaft. Mir machte die Einsamkeit jedoch nicht viel aus, denn schließlich war ich seit jeher daran gewöhnt. Außerdem hatte die Tatsache, dass ich niemanden hatte, der mich ablenken konnte, zur Folge, dass ich meine Studien sehr intensiv betreiben konnte. Der tatsächliche Unterricht bei meinem Meister beinhaltete lediglich einen Bruchteil meiner Arbeit. Ich verbrachte Stunden über Stunden in der umfangreichen Bibliothek, wo ich zusätzlich zu meinen Nachforschungen über Zauber und Alchemie auch versuchte, mehr über meine Herkunft zu erfahren. Ich wusste bereits, dass meine Mutter eine Windelfe gewesen war, und so begann ich mit meinen Recherchen bei diesem Volk. Was ich erfuhr, war nicht viel. Die Windelfen waren anscheinend nicht daran interessiert, in irgendwelchen Büchern zu erscheinen und entzogen sich so weit es möglich war der Begegnung mit Vertretern anderer Rassen. Umso rätselhafter erschien es mir, dass ausgerechnet meine Mutter eben diese Gesellschaft gesucht hatte. Immerhin konnte ich in Erfahrung bringen, was mein Name wirklich bedeutete: Imalia heißt „Blume“ – soviel wusste ich schon, denn mein Vater hatte es mir erklärt. Beim Rest meines Namens konnte ich fragen soviel ich wollte, es hatte keinen Zweck. Und nun begriff ich endlich, warum mein Vater immer so verschlossen und abweisend geworden war, wenn ich danach gefragt hatte. „Alech-a“ war eine grammatische Formel, die sich auf einen Ort bezog, „Rumuor“ bedeutete „Grab“ und „Ith“ „Vater“… „Blume am Grab ihres Vaters“! Welch ein grauenhafter Name! Diese Erkenntnis stürzte mich zunächst in tiefe Verzweiflung. Erst nach und nach verstand ich die wahre Bedeutung meines verhassten Namens: Ich als Halbelfe hatte eine sehr viel höhere Lebenserwartung als jeder Mensch sie haben konnte. Dies bedeutete zwangsläufig, dass ich in jungen Jahren den Tod meines Vaters erleben würde.
Was meine Ausbildung betrifft, so war ich sehr erfolgreich, und das – wenn ich Meister Fendor richtig verstanden hatte – nicht nur aufgrund meines Ehrgeizes, sondern auch deswegen, weil ich eine sehr große magische Begabung hatte und Dinge, für die andere Schüler mehrere Stunden brauchten, um sie zu beherrschen, bereits nach wenigen Versuchen konnte. Jedoch musste ich natürlich zunächst einmal Lesen und Schreiben lernen, was mein Meister stets mit praktischen Übungen zu verbinden wusste.
In meinem vierten Studienjahr entschied ich mich dafür, mich in der Lebensmagie zu spezialisieren. Die Kunst des Heilens hatte ich schon zu der Zeit, als ich noch meiner Großmutter zur Hand gehen durfte, als sehr befriedigend empfunden – nicht zuletzt auch wegen des guten Ansehens meiner Großmutter bei den Dorfbewohnern – und so entschied ich nun, diese Kunst bis zur Vollendung zu erlernen. Die Hexermagie und die Naturmagie übten außerdem einen starken Reiz auf mich aus, so dass ich diese beiden Richtungen sozusagen als „Nebenfächer“ lernte.
Wenn ich meine Freizeit nicht in der Bibliothek verbrachte, schlich ich mich vor die Tore der Stadt, um mich dort in der Kunst des Bogenschießens zu üben. Ich empfand es quasi als meine Pflicht, das Erbe meiner Mutter, den weißen Bogen, zu ehren, indem ich ihn immer besser beherrschte. Gleichwohl hatte ich jedoch bei meinen Nachforschungen heraus bekommen, dass der Bogen nicht die bevorzugte Waffe von Windelfen war – ein neues Rätsel in der Vergangenheit meiner Mutter, für das ich keine Lösung finden konnte. Das einzige, das wirklich typisch für eine Windelfe war, war das Amulett, das mein Vater mir überreicht hatte. Der Kristallsplitter darin war von den Windelfen mittels Magie hergestellt worden.

Ich ließ mir viel Zeit, um meine Ausbildung zu beenden. Die Abschlussprüfungen fanden schließlich vor ca. 6 Monden statt. Neben allerlei praktischen Dingen musste ich auch z.T. schwierige theoretische Prüfungen bestehen, was jedoch kein wirkliches Problem darstellte. Die letzte Aufgabe, die mich weg von Karpulsa, der Akademie und meinem Meister führen soll, besteht nun darin, eine Reisegruppe sicher in ihren Abfahrtshafen zu geleiten. Ich bin recht zuversichtlich, dass ich auch diese Aufgabe zur Zufriedenheit meiner Lehrer lösen und dann endlich nach so langer Zeit zu meiner Familie im kleinen Ort Bruchheim zurückkehren werde.